Retrospektive Kurt Weiler beim 18. Internationalen Trickfilmfestival Stuttgart
Mit einer umfassenden Filmretrospektive würdigen das Deutsche Institut für Animationsfilm und das Internationale Trickfilmfestival Stuttgart mit Kurt Weiler einen der bedeutendsten deutschen Animationsfilmregisseure. Kurt Weiler hat sich innerhalb der DEFA, des staatlichen Filmbetriebes in der ehemaligen DDR, seine Eigenständigkeit und Unabhängigkeit bewahrt. Seine herausragenden künstlerischen Animationsfilme – vor allem Puppenanimation – bestechen noch heute durch ihre avancierte Gestaltung und ihre Nähe zum Theater. 2011 feiert Kurt Weiler seinen 90. Geburtstag.
Die anderen Professoren verzogen das Gesicht: „Der Vogel ward nie geboren, den Vogel gibt es nicht, den bunten Vogel Turlipan.“ Doch unbeirrt folgt der junge Dekan seiner Vision und macht auf seiner Reise andere wertvolle Entdeckungen.
Mit dem Film Die Suche nach dem Vogel Turlipan schuf sich Kurt Weiler 1976 auch eine Art Selbstporträt. 1921 in Lehrte geboren, stehen am Beginn seiner eigenen Suche die Begeisterung für Mickey Mouse und der Wunsch, Animationsfilmzeichner zu werden. 1939 emigriert der junge jüdische Mann nach England. Er trifft dort auf Peter Sachs, der ihm als Mentor die Augen für das Wesen des Puppenanimationsfilms öffnet, das Weiler später so formuliert: „Die Puppe ist der Schauspieler im Animationsfilm. Sie ist keine naturalistische Figur und verkörpert mehr das Wesen als die Erscheinung der Wirklichkeit. Sie ist der künstlerisch verknappte, bildhafteste Ausdruck eines Gedankens.“
Zur künstlerischen kommt die politische Vision. Diese glaubt Weiler 1950 in der jungen DDR verwirklichen zu können. Er wird hier als einer der wenigen Erfahrenen zum Meister des künstlerischen Puppenanimationsfilms. Aber auch im „progressiven“ Teil Nachkriegsdeutschlands wollen „Professoren“ – hier: „Kader“ – denjenigen aufhalten, der neue Wege geht. Mit erstaunlicher Beharrlichkeit setzt Weiler trotzdem bis zum Ende der DEFA und der DDR seine Vorstellung vom künstlerischen Animationsfilm durch. Er realisiert über 30 Kurzfilme für Kinder und Erwachsene, hinzukommen Auftragsfilme und Spielfilmarbeiten. Er prägt mehrere Generationen von Filmemachern im DEFA-Studio und an der HFF Potsdam, sein internationaler Ruf macht ihn u. a. zum Betrauten des ASIFA-Filmarchivs.
Ob zauberhaftes Märchen oder geistreiche Polemik, Weilers Filme verbinden inhaltliche Klarheit mit erstaunlicher Poesie. Gespickt mit subtilem Humor und Wortwitz sind viele seiner Filme auch weltanschauliche Standortbezeugungen, in denen die phantasiereichen Narren zu wahren Königen, Könige und Kleingeister hingegen zu Spaßvögeln wider Willen werden. Prägend ist die Zusammenarbeit mit visionären Künstlern, Szenografen, Theatermachern wie Freyer, Schleef und Toffolutti, die eine adäquate Bildsprache für seine Stoffe liefern. So agieren Weilers Figuren nicht in einer hermetischen abgeschlossenen „Puppenwelt“, sondern vielmehr in einem Theater der Reduktion, das Raum lässt für die Animationsfigur und ihr wichtigstes Spielmittel: die Bewegung im Raum. Weiler arbeitet mit Verfremdung und Materialität: ein Zauberwald aus Haushaltsbürsten, eine Blumenwiese aus Zahnrädern, ein überlanges Pferd mit vier Reitern, aufklappbare Köpfe – ganz im Sinne Brechts werden bei Weiler nicht wirkliche Dinge, sondern wird die Wirklichkeit der Dinge gezeigt.
Märchenhelden 1 – Kino Metropol 3, 4. Mai, 15 Uhr
Das tapfere Schneiderlein, DDR 1963, 33 min
Die Geschichte vom Kalif Storch, DDR 1984, 29 min
Große Entdecker und Kleingeister – Kino Metropol 3, 4. Mai, 17 Uhr
Nörgel & Söhne – oder was vor 9742 Jahren vormittags neun Uhr begann, Teil 1, DDR 1967,11 min
Der Apfel, DDR 1969, 12 min
Floh im Ohr, DDR 1970, 12 min
Das Geschenk – eine beinliche Geschichte, DDR 1974, 14 min
Die Suche nach dem Vogel Turlipan, DDR 1976, 13 min
Ein gewisser Agathopulus, DDR 1979, 15 min
Könige und Narren – Kino Metropol 3, 4. Mai, 21 Uhr
Heinrich der Verhinderte, DDR 1965, 16 min
Das Wintermärchen, DDR 1972, 40 min
Erinnerung an ein Gespräch, DDR 1984, 4 min
Heldensage, DDR 1985, 6 min
Märchenhelden 2 – Kino Metropol 3, 7. Mai, 17 Uhr
Das tapfere Schneiderlein, DDR 1963, 33 min
Der Koffer, DDR 1982, 31 min